Biotality-Index by Anna Bartenschlager & Volker Nürnberg
Autor:Anna Bartenschlager & Volker Nürnberg
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783658255770
Herausgeber: Springer Fachmedien Wiesbaden
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Mehr als zwei Gläser Wein oder Bier oder andere alkoholische Getränke im Allgemeinen in regelmäßigen Abständen −2
3.4.7.3 Internetsucht
Durch den digitalen Fortschritt verkörpert das Internet eine Technologie, mit der gänzlich neuartige mediale Angebote entstanden sind (z. B. Online-Computerspiele, soziale Netzwerke, Online- Shopping) und weiterhin entstehen werden. Smartphone und Tablet erlauben inzwischen, dass Menschen ortsunabhängig rund um die Uhr online und erreichbar sind. Mit dieser omnipräsenten Faszination kam es in den letzten beiden Jahrzehnten zu einem steigenden Konsum des Internets. Dieser kann bei anfälligen Personengruppen zu einer exzessiven, suchtähnlichen Nutzung führen (Hayer und Rosenkranz 2011). Die Nutzung des Internets, z. B. über das Smartphone, beinhaltet neben dem funktionalen praktischen Aspekt, auch immer eine emotionale Komponente. Laut Experten sorgen unterbewusste Mechanismen für ein suchtähnliches Verlangen, das Mobiltelefon hinsichtlich des Eingangs einer positiven Überraschung, wie einer neuen Mitteilung, zu überprüfen (DAK 2016b). Laut der TK-Bewegungsstudie 2016 verbringen insbesondere Berufseinsteiger im Durchschnitt 3,1 Stunden pro Tag mit dem Konsumieren von verschiedenen Medien in ihrer Freizeit (TK 2016, S. 31). Dabei wird alleine das Smartphone ca. 80 Mal am Tag, d. h. alle zwölf Minuten aktiviert und insgesamt länger als zwei Stunden pro Tag genutzt (Montag et al. 2015).
In der Fachliteratur herrscht Uneinigkeit darüber, wie Störungen im Zusammenhang mit den Neuen Medien nosologisch zu fassen sind. Viele Forscher und Gremien, wie die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN), sehen die Internetsucht weltweit bereits als eigenständige psychische Störung an, die jeden treffen kann. Die Befürworter des substanzungebundenen Suchtansatzes begründen ihre Sichtweise mit phänomenologischen, symptomatologischen und neurowissenschaftlichen Argumenten.
Zwar existieren keine einheitlichen Diagnosekriterien, doch lassen sich nach Young (1999) Merkmale zur Einordnung einer Internetsucht feststellen. Symptome der Internetsucht weisen hohe Überschneidungen zu stoffgebundenen (chemischen) Abhängigkeitserkrankungen auf. Demnach erleben Betroffene einen dominierenden Drang („Craving“), online zu gehen. Das zunächst als positiv erlebte Verhalten lässt sich nicht mehr willentlich steuern (Kontrollverlust). Wird der Konsum verhindert, so erleben Süchtige darüber hinaus aversive Zustände (Entzug), die sich auf vielerlei Weise manifestieren können, wie z. B. depressive Verstimmung, Reizbarkeit bis hin zu aggressiven Verhalten. Ferner berichten Betroffene, dem Verhalten mit steigender Häufigkeit und Intensität nachgehen zu müssen oder immer mehr Zeit für den Konsum zu investieren (Toleranzentwicklung). Das Verlieren von Zeitgefühl spielt beim dysfunktionalen Internetkonsum ebenfalls eine Rolle. Im Verlauf der Erkrankung kommt es bei den Betroffenen darüber hinaus zu schwerwiegenden Folgeerscheinungen, wie Einschränkungen des Sozialkontaktes und soziale Isolation (DAK 2016b). Häufig wird eine professionelle Beratung erst sehr spät und auf externen Druck hin oder infolge direkter negativer Konsequenzen (z. B. Arbeitslosigkeit, Verlust des Partners) in Anspruch genommen (Beard und Wolf 2001; Block 2008).
Die sogenannte PINTA-Studie der Drogenbeauftragten des Bundes im Ministerium für Gesundheit geht davon aus, dass in Deutschland bereits heute 560.000 Menschen internetabhängig sind. Mehr als zwei Millionen Deutsche gelten als gefährdete Nutzer, unter ihnen vor allem junge Erwachsene zwischen 14 und 24 Jahren (Müller et al.
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